Mehr als 50 Thüringer Unternehmen folgen der Einladung zum Industrie-Innovationsdialog »Intelligente Signalanalyse- und Assistenzsysteme«

Am 7. Juni trafen sich über 50 Vertreterinnen und Vertreter kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie der Thüringer Forschungs- und Wissenschaftscommunity, um sich miteinander zur Digitalisierung und Automatisierung in Unternehmen auszutauschen. Denn genau das war das Ziel des diesjährigen Thüringer Industrie-Innovationsdialogs zum Thema »Intelligente Signalanalyse- und Assistenzsysteme«. Der Industrie-Innovationsdialog ist ein regelmäßiges Veranstaltungsformat des Thüringer Clustermanagements im Rahmen der Umsetzung der Thüringer Innovationsstrategie. Damit werden Industrie und Forschungseinrichtungen aus Thüringen an einen Tisch gebracht, um Kooperationen und Innovationen zu stimulieren und den Transfer von Forschungsergebnissen und Technologieentwicklungen in die Praxis zu ermöglichen. Unterstützt wurde die Veranstaltung zudem durch den Branchenverband OptoNet e.V.

Bei der Veranstaltung am Mittwoch im Kultur- und Kongresszentrum »Neue Mitte« in Ichtershausen war das Leistungszentrum InSignA – Intelligente Signalanalyse- und Assistenzsysteme der fachliche Sparringspartner. Im noch jungen Leistungszentrum arbeiten seit dem Frühjahr 2021 derzeit sieben Fachgebiete der Technischen Universität Ilmenau und fünf Thüringer Fraunhofer-Einrichtungen sowie die IMMS GmbH eng zusammen. Das Leistungszentrum bietet KMU und auch größeren Unternehmen exzellente, organisationsübergreifend nutzbare Infrastrukturen (Labore, Prüfstände und Messsysteme) sowie Fachexpertise bei Forschungs- und Entwicklungsaufträgen sowie fachliche Beratung, Weiterbildungsformate und Workshops. Zudem verbirgt sich hinter dem Leistungszentrum InSignA ein starkes überregionales Netzwerk aus Industriepartnern, universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Fachverbänden.

Keynote »Zukunft digitale Fabrik: mit smarten Systemen zu einer effizienten Fertigung«

Den Auftakt der Veranstaltung machte die Keynote von Professor Dirk Lange, Entwicklungsleiter der Marposs Monitoring Solutions GmbH, in der er über praxistaugliche Lösungen zur Prozess– und Werkzeugüberwachung sprach und das Potenzial solcher Überwachungsverfahren für die Qualitätssicherung in der Produktion von Morgen hervorhob. Besonders vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels erläuterte Lange, wie man auch mit weniger Mitarbeitenden effizient arbeiten kann. Hierbei spielen vor allem neue Produktionstechniken mit vernetzten Sensoren und dank Retrofitting (nachträglicher Einbau von Sensoren) digitalisierten Maschinen eine maßgebliche Rolle. Vor allem 5G als Funknetz der Zukunft hilft Unternehmen dabei, Maschinen in der Produktion nutzbringend zu vernetzen, so Professor Lange. 

Prof. Dirk Lange während seines Keynote-Vortrags »Zukunft digitale Fabrik: mit smarten Systemen zu einer effizienten Fertigung« (Copyright: Fraunhofer IDMT) 
Das Leistungszentrum InSignA im Dialog - Impulse

Im Anschluss an den inspirierenden Vortrag eröffnete Peter Hauschild, Geschäftsstellenleiter des Leistungszentrums InSignA, den ersten Programmpunkt. In mehreren Impulsvorträgen nahmen Akteure des Leistungszentrums zu konkreten Fragen und Anwendungsszenarien Stellung und holten sich vom Publikum dank interaktiver Umfrage-App Feedback zu ausgewählten Fragestellungen 

Akustisches Umfeld Produktionshalle und wie man akustisches Monitoring sinnvoll in der Fertigung einsetzen kann

Der Leiter des Ilmenauer Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT, Professor Joachim Bös, berichtete in seinem Vortrag »Akustisches Umfeld Produktionshalle – wie wir aus unsichtbaren Informationen mehr machen« darüber, wie beispielsweise im Projekt AKoS durch das akustische Monitoring von Schweißprozessen Unternehmen ein ganz konkreter Nutzen gestiftet wurde. Dank des zerstörungsfreien Prüfverfahrens wurden die Produktqualität beim Metallschutzgas-Schweißen gesteigert und der Prozess der vorausschauenden Wartung während des Rührreibschweißens deutlich verbessert. Für dieses Erkennungsverfahren kombiniert das Fraunhofer IDMT seine langjährige Expertise in den Bereichen akustische Sensorik und akustische Signalanalyse mit Künstlicher Intelligenz (KI).  

Joachim Bös legte dar, wo die aktuellen Herausforderungen für die akustischen Analysen in den Produktionsstätten liegen: von der Auswahl und Positionierung geeigneter Mikrofone über den Umgang mit störenden Hintergrundgeräuschen und rauen Umgebungen (Staub, Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, aggressive Medien). Und nicht zuletzt spielen Datenschutzaspekte und die Vertraulichkeit der Kommunikation in den Werkhallen eine große Rolle, wenn es um die akustische Aufnahme und Auswertung von Produktionsprozessen geht.  

Parallel zum Vortrag wurde das Fachpublikum um seine Einschätzung gebeten, in welchen Anwendungsfällen die akustische Prozessüberwachung in Unternehmen denkbar wäre. Die häufigste Nennung mit 67 Prozent war die Maschinenzustandsüberwachung zur vorausschauenden Wartung. Außerdem wurden mit über 50 Prozent Häufigkeit die Überprüfung von Klangmerkmalen eines Produkts während der Produktion und die Optimierung und Überwachung von Produktionsbedingungen genannt.  

Prof. Joachim Bös sprach über den sinnvollen Einsatz von akustischem Monitoring in der Fertigung (Copyright: Fraunhofer IDMT)

Wie kommt die KI an den Prozess und wer nutzt eigentlich schon KI im Unternehmen?

Der zweite Vortrag wurde von Tino Hutschenreuther von der IMMS GmbH gehalten. Auch das IMMS ist Mitglied im InSignA-Forschungsverbund und bringt seine langjährige herausragende Expertise im Bereich der integrierten Sensorsysteme und der intelligent vernetzten Mess- und Testsysteme in das Leistungszentrum ein. Sein Vortrag »Wie kommt die KI an den Prozess« beschäftigte sich mit der Frage, wie man Sensordaten direkt am Ort ihrer Entstehung, also an den Maschinen, schnell, kostengünstig und energieeffizient zu nutzbaren Informationen verarbeiten kann. Zu den Vorteilen dieser »Edge«-Systeme gehört u. a. die Datenverarbeitung nahezu in Echtzeit, die Reduktion der Datenbandbreite, die Integrierbarkeit in den Prozess und der geringe Ressourcenverbrauch – was wiederum Kosten und Energie spart. Leistungsintensive Rechner oder Cloudsysteme können in vielen Fällen durch solche lokalen, kompakten und preiswerten Systeme ersetzt werden.  

Die Antworten des Publikums auf die Frage, ob die Unternehmen bereits mit KI arbeiten und wenn ja, in welchem Bereich, zeigten, dass die Technologie bei Thüringer Unternehmen noch nicht in großer Breite eingesetzt wird. Immerhin 31 Prozent der vertretenen Unternehmen nutzen KI bereits für die Datenanalyse und Gewinnung von Erkenntnissen durch Analyse großer Datenmengen; 19 Prozent setzen schon auf KI für die Automatisierung und Prozessoptimierung und 15 Prozent nutzen KI zur Qualitätssicherung.  

Nachhaltige Energieversorgung von Unternehmen und Hürden auf dem Weg dahin

Professor Peter Bretschneider vom Fraunhofer IOSB-AST präsentierte den Anwesenden in seinem Vortrag »Lösungen für die wirtschaftliche und nachhaltige Energieversorgung von Unternehmen« einen Entwurf, wie ein zuverlässiges und klimaneutrales Energieversorgungssystem für Stadtquartiere sowie Wohn- und Gewerbeeinheiten von Morgen aussehen kann. Bretschneider zeigte, dass man für eine wirtschaftliche Energieversorgung zukünftig auf KI-basierte Assistenzsysteme setzen muss, mit denen beispielsweise Vorhersagen zu Energieverbräuchen möglich werden. Kombiniert man diese KI-Assistenzsysteme noch mit intelligenten Sensorkonzepten, sind ein zuverlässiges Monitoring und ein optimaler Betrieb der Energieversorgung in Unternehmen, Wohngebieten und Quartieren möglich.   Energieversorgungsunternehmen, Netzbetreiber und Messstellenbetreiber erhalten ein detailliertes Bild über den tatsächlichen Zeitverlauf des Verbrauchs verschiedener Energieträger (Strom, Erdgas, Fernwärme, …) und auch darüber, ob diese Energie dem Netz entnommen oder (z. B. von privaten Photovoltaikanlagen) ins Netz eingespeist wird. So lassen sich der Energiebedarf im Tages-, Wochen- oder Jahresverlauf besser prognostizieren und die Energieversorgungsnetze bedarfsgerecht dimensionieren und ggf. ausbauen. 

Befragt nach den größten Hürden für eine Einführung nachhaltiger Energieversorgung in Unternehmen antworteten 64 Prozent aller Teilnehmenden, dass viele Unternehmen in bestehende Energieinfrastrukturen eingebunden sind, die auf nicht-nachhaltigen Energiequellen wie fossilen Brennstoffen basieren und dass eine Umstellung auf nachhaltige Energieversorgung oft eine hohe anfängliche Investition bedeutet.  

Neugierige Fragen aus dem Publikum zu aktuellen Themen im Bereich »Intelligente Signalanalyse- und Assistenzsysteme« (Copyright: Fraunhofer IDMT)

Vernetzte Sensorsysteme, Maschine-zu-Maschine-Kommunikation und deren Mehrwert für Unternehmen

Den Abschluss des ersten Blocks bildete der Vortrag »Vernetzte Systeme: wie funktioniert MaschinezuMaschine-Kommunikation heute und wie kann man das Konzept auf große Strecken erweitern?« von Professor Jörg Robert vom Fachgebiet für Zuverlässige Maschine-zu-Maschine-Kommunikation der TU Ilmenau. Jörg Robert ist Experte für energieeffiziente Miniatursensoren, mit denen vor allem geringe Datenmengen über einen langen Zeitraum per Funk übertragen werden können. In seinem Vortrag erläuterte er die zunehmende Bedeutung der MaschinezuMaschine-Kommunikation und stellte Lösungen vor, wie sich eine Vielzahl von Sensoren effektiv und kabellos vernetzen lassen. Solche Sensoren können beispielsweise integriert in Fahrzeugteile deren Lebensdauer überwachen oder Daten wie Raumtemperatur, Wasserund Stromverbrauch oder Luftfeuchtigkeit erfassen. Die Signale werden per Funkverschlüsselt dann an eine zentrale Empfangsstation übermittelt und ausgewertet. Anhand der erfassten Parameter kann man beispielsweise vorhersagen, ob das Stromnetz überlastet ist. Die Vorteile der Technologie liegen darin, dass bei Datenübertragung mittels Funk die sonst übliche Verkabelung komplett entfallen kann, dass die Funksensorknoten einen extrem geringen Energiebedarf haben, so dass sie etwa 10 oder 15 Jahre lang mit einer Knopfzelle betrieben werden können, ohne dass die Batterie ausgetauscht werden muss, und in der verschlüsselten Datenübertragung. Am Beispiel der Klimatechnik des Münchner Flughafens erklärte Professor Robert den Vorteil der funkbasierten und energieeffizienten Sensoren. Ein so komplexes Versorgungssystem könnte niemals mit kabelgebundenen Sensoren zur Überprüfung der Funktionalität ausgestattet werden, da allein die Verlegung der Kabel zu teuer wäre 

Befragt danach, welche Teilbereiche den höchsten wirtschaftlichen Mehrwert in Bezug auf Maschine-zu-Maschine-Kommunikation haben, antworteten 50 Prozent der Befragten, dass vor allem die Automatisierung von Prozessen einen Mehrwert durch den Einsatz von vernetzten Sensorsystemen hätte. Die direkte Maschine-zu-Maschine-Kommunikation ermöglicht die Automation von Prozessen, bei denen Maschinen und Geräte direkt miteinander kommunizieren, um Aufgaben und Abläufe zu steuern. Dadurch wird der Bedarf an notwendiger Überwachung und menschlichen Eingriffen reduziert. Und das wiederum führt, wie bereits Professor Lange in seiner Keynote betonte, zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen, Zeit und Energie im Unternehmen.

Arbeitserleichterung dank Digitalisierung – zwei Erfolgsgeschichten

Nach einer Kaffeepause, bei der viel über die gegebenen Impulse und die Befragungsergebnisse diskutiert wurde, referierte Professor Gunther Notni vom Fachgebiet Qualitätssicherung und Industrielle Bildverarbeitung der TU Ilmenau über das Potenzial mobiler 3D-Sensoren für Assistenzsysteme in der Wartung. Er ist zugleich stellvertretender Vorsitzender des OptoNet e. V. 

Digitale Zwillinge für virtuelle Schulungen und schnelle Fehlersuche

Notni stellte dem Publikum ein handliches Gerät vor, das es selbst ungeübten Mitarbeitenden erlaubt, sehr genaue dreidimensionale digitale Abbilder von Industriebauteilen, Baugruppen oder ganzen Maschinen zu erstellen.  

Der Scanner nimmt eine sehr hohe Anzahl von Bildern des Messobjekts auf und innerhalb weniger Minuten entsteht am Computer ein 3D-Modell aus den aufgenommenen Daten. Das System kann beispielsweise eingesetzt werden, um große Maschinen oder Anlagen dreidimensional zu digitalisieren. So entsteht ein digitaler Zwilling des Messobjekts.  

Dieser digitale Zwilling kann beispielsweise für virtuelle Schulungen eingesetzt werden. Professor Notni stellte dem Publikum den Anwendungsfall der Wartung von Flugzeugturbinen vor. Nachdem ein digitaler Zwilling der realen Turbine erstellt wurde, kann mithilfe der digitalen Konstruktionsvorlage abgeglichen werden, ob Teile an der Turbine fehlen, gebrochen oder verbogen sind. Insbesondere bei komplexen Baugruppen mit vielen filigranen Bauteilen ist dieses Vorgehen sehr hilfreich und erhöht die Geschwindigkeit bei der Wartung und Reparatur. Das Gerät verfügt über eine Genauigkeit bis in den Millimeterbereich und ist bereits auf dem Markt verfügbar.  

Prof. Notni und Michel Reichardt im Austausch mit dem Publikum  zum Thema »Digitale Zwillinge« (Copyright: Fraunhofer IDMT)

Digitalisierung zum Anfassen

Die Geschäftsführerin Antje Blumentritt von der KOMOS GmbH gab in ihrem Vortrag »Digitalisierung zum Anfassen« anschauliche Einblicke, wie in ihrem Unternehmen mit 75 Mitarbeitenden das Thema Smart Factory gelebt wird. Blumentritt berichtete über ihre Erfahrungen bei der Einführung digitaler Technologien in dem Thüringer KMU und betonte, dass die Digitalisierung für den Mittelstand ein wichtiges Sprungbrett in die Zukunft ist. Auch wenn die Belegschaft des Unternehmens nach der Einführung neuer Assistenzsysteme und Digitalisierungsmaßnahmen zunächst skeptisch war, herrschte bereits nach kurzer Zeit große Euphorie im Unternehmen. Die Mitarbeitenden haben erkannt, dass durch die Digitalisierung ihre Arbeit in Produktion und Verwaltung deutlich erleichtert wird, die Abarbeitung von Prozessen schneller geht und demzufolge Kosten gesenkt wurden. So wurden beispielsweise Dashboards und Bildschirme in den Werkhallen installiert. Darüber bekommen die Mitarbeitenden ein Feedback über die Maschinenzustände hinsichtlich Auslastung, Stillstand und Status der Abarbeitung des aktuellen Auftrags. Über kleine Touch-PCs geben die Arbeitenden direkt an den Maschinen ein, wenn ein Teil nicht in Ordnung ist. Und das wiederum ermöglicht eine Überwachung der Güte der Produktionsprozesse. So kann mithilfe von Assistenzsystemen ein wirtschaftlicher Mehrwert für das Unternehmen durch effektivere Prozesse und höhere Qualität erreicht werden.  

Frau Blumentritt berichtete außerdem über ihre Pläne, in naher Zukunft verstärkt KI im Unternehmen einzuführen. Dafür hat sie zunächst die Sorgen und Ängste ihrer Mitarbeitenden in Bezug auf KI am Arbeitsplatz erfragt. Denn KI ist laut Blumentritt nach wie vor ein Thema, das im Zusammenhang mit Digitalisierung oft mit Skepsis gesehen wird. Dass dies der richtige Weg war, zeigt die Tatsache, dass die KOMOS GmbH demnächst tatsächlich KI-Methoden in der Produktion einsetzen möchte. 

Antje Blumentritt, Geschäftsführerin der KOMOS GmbH, berichtete in ihrem Vortrag davon, wie das Thema Smart Factory in ihrem Unternehmen gelebt wird (Copyright: Fraunhofer IDMT)

Moderierte Diskussionen: Vernetzte Maschinen, Datenschutz und Datentreuhand und mit Resilienz dem ungewissen »Morgen« mutig entgegentreten

Den dritten Teil des Industrie-Innovationsdialogs bildete ein interaktives Austauschformat. An drei Themeninseln wollten die Mitglieder des Leistungszentrums InSignA in den Austausch mit den anwesenden Vertreterinnen und Vertretern der Thüringer KMU kommen.  

An der Themeninsel »Vernetzte Maschinen (Vernetzung und Digitalisierung lokal im Unternehmen)« wurden die Teilnehmenden gefragt, wie der Status in ihren Unternehmen hinsichtlich der Vernetzung von Maschinen und Systemen ist, welche Anforderungen an Vernetzung es in den Unternehmen gibt und was die Hinderungsgründe sind, die gegen eine Vernetzung von Maschinen und generell die Digitalisierung in der Fertigung sprechen 

Ergebnisse der Diskussion

In der Diskussion wurde schnell klar, dass es momentan nur teilweise Vernetzungen von Maschinen in den Unternehmen gibt. Keines der vertretenen KMU kann eine komplette Vernetzung von Maschinen und Systemen vorweisen. Befragt nach den Gründen dafür, wurde angeführt, dass in den Produktionsstrecken oft noch mit alten, aber voll funktionsfähigen Maschinen gearbeitet wird. Viele dieser Maschinen können nicht vernetzt werden, da das Nachrüsten von USB-, Ethernet oder Funkschnittstellen meist technisch nicht möglich ist. Des Weiteren haben viele Unternehmen einen ganzen Maschinenpark von unterschiedlichen Herstellern mit unterschiedlichen Schnittstellen, die nicht miteinander verbunden werden können. »Die Entwicklung solcher standardisierten Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Maschinen und die Etablierung einheitlicher Datenformate ist ein wesentliches Ziel unserer Aktivitäten im Leistungszentrum InSignA. Wie groß der Bedarf daran ist, hat uns diese Diskussion bestätigt«, fasst Diskussionsleiterin und Akteurin im Leistungszentrum, Judith Liebetrau, zusammen

Ein wichtiger Punkt, der von den Anwesenden genannt wurde, ist der Wunsch, dass die Vernetzung von Maschinen dazu beitragen muss, alle Größen mit Einfluss auf den Prozess abzubilden, zu überwachen und zu regeln. Die Anforderungen an die Schnelligkeit der Kommunikation zwischen Maschinen und innerhalb eines Systems sind dabei sehr stark abhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. So gibt es Anwendungen, bei denen eine Überwachung nahezu in Echtzeit gefordert ist, aber auch Anwendungen, bei denen Verzögerungen oder längere Reaktionszeiten akzeptabel sind. Der Wunsch aller Teilnehmenden war, dass es möglichst einfach zu integrierende Plug-and-PlayLösungen geben und die Kommunikation, Überwachung und Regelung unabhängig von Maschinentypen funktionieren sollte. 

Angeregte Gespräche in Diskussionsecke »Vernetzte Maschinen« (Copyright: Fraunhofer IDMT)

Ein weiterer Aspekt, der immer wieder genannt wurde und damit für das Weiterbildungsangebot des Leistungszentrums InSignA sehr wichtig ist, ist der Bedarf an geschultem Personal. Das wurde auch in der Diskussion um das Thema »Resilienz ist eine Teamleistung – Mit Future-Skills fit für die Transformation« sehr deutlich. Die Gäste diskutierten über notwendige Strategien, damit Unternehmen und deren Mitarbeitende dem ungewissen »Morgen« gut vorbereitet und ohne Scheu entgegentreten können. 

Ergebnisse der Diskussion

Auf die Frage, welche Hemmnisse in den Unternehmen die Digitalisierung verzögern, wurden sehr oft Existenzängste, aber auch Angst vor Neuem und menschliche Gewohnheiten genannt. Mitunter ist es schwierig, dezentral in einzelnen Bereichen Neuerungen zu etablieren, da Mitarbeitende sich ungleich behandelt und zu wenig in den Transformationsprozess eingebunden fühlen. Dieser Transformationsprozess muss zudem von der Unternehmensleitung vorangetrieben und überzeugend an die Belegschaft kommuniziert werden.  

In der Diskussionsrunde wurden gute Beispiele genannt, die bestätigen, was Antje Blumentritt in ihrem Plädoyer für die Digitalisierung in KMU betonte: Die Mitarbeitenden müssen den Vorteil der Digitalisierung für sich deutlich wahrnehmen. Der Mensch sollte immer über den Digitalisierungsprozessen stehen und eine Erleichterung für seine Arbeit erkennen und erleben 

Am Beispiel eines Krankenhauses und eines Produktionsbetriebs wurde aufgezeigt, wie gut die Umstellung bestimmter Prozesse (wie z. B. die papierlose Dokumentation) funktioniert hat, indem die Mitarbeitenden aktiv in Entscheidungen eingebunden wurden, ausprobieren durften und die Arbeitserleichterung für sich selbst erfahren konnten.  

»Sicherlich können nicht alle Transformationsprozesse allein aus den Unternehmen angestoßen werden. Manchmal sind Kooperationen im Unternehmen notwendig und man braucht externen Rat und Unterstützung bei der Umsetzung«, so Stefanie Seitz vom Fraunhofer IKTS, die für die Moderation der Themeninsel verantwortlich war. »Wichtig ist die Botschaft an die Mitarbeitenden, dass die Digitalisierung kein Jobkiller ist, sondern die Belegschaften von eintönigen oder gesundheitsschädlichen Arbeiten befreien kann und sie dadurch mehr Zeit und Energie für anspruchsvollere Aufgaben haben. Und das wiederum stärkt das Wir-Gefühl im Unternehmen und fördert das persönliche Engagement in der Belegschaft, um Transformationsprozesse zu bewältigen 

Diskussion zum Thema »Resilienz ist eine Teamleistung – Mit Future-Skills fit für die Transformation«

Ein sensibles Thema im Zusammenhang mit der Vernetzung von Maschinen sowie der Datengewinnung und deren Auswertung wurde an der Themeninsel »Datenschutz und Datentreuhand, Datenverwertung« diskutiert. Vor allem, wenn Maschinen nicht nur lokal miteinander vernetzt kommunizieren, sondern Daten dezentral gespeichert werden oder beispielsweise an externe Dienstleister weitergegeben werden, ist wichtig, dass sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die technische Umsetzung des Datenschutzes klar geregelt sind 

Ergebnisse der Diskussion

In den Unternehmen wird der technische Datenschutz bisher sehr unterschiedlich umgesetzt. In den Gesprächen mit KMU-Vertretenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wurde deutlich, dass es momentan eine große Lücke zwischen dem gibt, was laut Stand der Forschung im technischen Datenschutz möglich ist, und dem, wie es aktuell in den Unternehmen umgesetzt wird. Oftmals wird mit eigenen Lösungen gearbeitet, angepasst an jeweilige Kundenanforderungen. »Hier sehen wir das Leistungszentrum als wichtigen Beratungspartner. Wir haben Spezialisten für das Thema technischer Datenschutz und müssen stärker mit den KMU zusammenarbeiten und sie hierbei unterstützen. Das nehmen wir als Auftrag aus den heutigen Gesprächen mit«, resümiert Florian Römer, Experte für Signalverarbeitung und Moderator der Themeninsel 

Deutlich wurde bei der Diskussion um den Schutz sensibler Daten, dass oftmals die Mitarbeitenden nicht genug für das Thema Datenschutz sensibilisiert werden. »Das größte Sicherheitsrisiko ist nach wie vor der Mensch«, so Römer. »Hier herrscht noch immer viel Sensibilisierungs– und Schulungsbedarf 

Weitere Herausforderungen für die Unternehmen sind die Sicherstellung der Datenintegrität (Verhinderung bewusster Datenmanipulation) sowie die oftmals von Fördergebern geforderte Vorhaltung der Daten als Open Source und deren dauerhafte Pflege.  

Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen fühlen sich die KMU aktuell nicht gut vorbereitet und kritisieren, dass die Gesetzgebung den technischen Gegebenheiten oft hinterherhinkt. Vor allem im Zusammenhang mit der Einführung von KI in der Produktion müssen Urheberrechts– und Haftungsfragen komplett neu gedacht werden. Auch die Frage der Sicherheit der Daten wird immer komplexer und somit unwirtschaftlicher für die Unternehmen. Und dank immer perfiderer Cyberkriminalitäts-Attacken wird die Gefahr des Datendiebstahls für Unternehmen immer bedrohlicher.  

Die Diskussionsteilnehmenden waren sich einig, dass im Zusammenhang mit der Datenhoheit klare Absprachen zu deren Verwendung und entsprechende Nutzungsverträge benötigt werden. Nach wie vor werden Cloud-Systeme zur Datensammlung skeptisch gesehen und oftmals wird die internationale Vermarktung bestimmter Technologien durch die landesspezifische Gesetzgebung eingeschränkt.  

Fazit und Ausblick

Das Leistungszentrum InSignA bedankt sich bei allen Teilnehmenden und dem Initiator und Gastgeber, dem Thüringer Clustermanagement, für die Möglichkeit des intensiven Dialogs. Wir nehmen sehr wertvolle Impulse und Aufgaben aus den Gesprächen, den Abstimmungsrunden und Diskussionen mit: 

  • Wir haben viele neue Unternehmen und Gesichter kennengelernt. 
  • Wir verstehen Herausforderungen und Hemmnisse der Thüringer KMU in Bezug auf digitale Transformationsprozesse besser – sei es auf der technischen Seite, bei rechtlichen Aspekten oder beim Thema Ängste der Mitarbeitenden und Fachkräftemangel. 
  • Wir verstehen jetzt noch besser, dass es große Weiterbildungsbedarfe gibt. 
  • Wir wissen jetzt noch besser, mit welchen Angeboten wir auf die Thüringer KMU zugehen. 
  • Die Unternehmen brauchen schnelle und fertige Lösungen, es bedarf technischer Standardisierungen und viel Unterstützung bei der Umsetzung von technischem Datenschutz. 
  • Wir werden uns in diesem Zusammenhang sehr intensiv mit den Unternehmen austauschen und unsere Unterstützung anbieten.  
  • Wir werden im Nachgang des Industrie-Innovationsdialogs auf die Unternehmen zugehen und sie bitten, gemeinsam mit uns durch ihre Werkhallen zu gehen und zu schauen, wie wir für sie durch den Einsatz intelligenter Signalanalyse- und Assistenzsysteme wirtschaftliche Vorteile schaffen können. 
  • Wir wollen für Thüringer KMU ein wichtiger Ansprechpartner sein, wenn es um Digitalisierung und gewinnbringende Datennutzung geht.